Lerne die Grundlagen der Schnittkonstruktion mit einer einfachen Babyhose
Sowohl beim Nähen als auch in der Schnittmusterkonstruktion ist es wichtig, zu verstehen, wie ein zweidimensionales Schnittmuster später zu einem dreidimensionalen Kleidungsstück wird. Genau das üben wir mit unserem ersten Schnittmuster: einer einfachen Babyhose.
Dieses Schnittmuster wird keine perfekte Maßanfertigung sein – aber es soll eine gut sitzende Hose entstehen. Da es vor allem als Lernprojekt dient, halten wir die Konstruktion bewusst einfach.
In diesem ersten von drei Teilen konzentrieren wir uns auf die Konstruktion des Vorderteils der Hose. Das Rückteil folgt dann im Beitrag.
Was macht diesen Schnitt besonders?
Die Hose wird mit einer Bruchlinie an der vorderen Mitte konstruiert. Das bedeutet, dass die Vorderseite nahtfrei bleibt; ideal für durchgehende Muster, die typisch für Babyhosen sind. Die einzige Naht im Hosenkörper befindet sich an der hinteren Mitte.
Die Vorbereitungen
Bevor wir das Schnittmuster zeichnen, brauchen wir folgende Maße:
- Taillenumfang (TU)
- Hüftumfang (HU)
- Seitenlänge (SL)
- Leibhöhe (LH)
Notiere Dir diese Maße auf einem Zettel, damit Du sie immer griffbereit hast.
Lege Dir außerdem alles bereit, was du zum Zeichnen brauchst:
- Passendes Papier für das Schnittmuster (idealerweise transparent)
- Stift & Lineal
- Optional einen Radiergummi
- Geodreieck / Kurvenlineal
Überlege Dir noch, in welche Richtung Du zeichnen möchtest. Ich persönlich starte gerne von der Bruchlinie aus nach rechts. Falls Du lieber nach links zeichnest, kannst Du einfach die Richtungen in den Anleitungen entsprechend tauschen.
Im nächsten Schritt beginnen wir direkt mit der Konstruktion des Vorderteils der Hose – also schnapp Dir Dein Papier und los geht’s!
Wir zeichnen die ersten Linien
Zunächst erstellen wir das Grundgerüst des Schnittmusters. Zeichne eine senkrechte Linie in der Länge der notierten Seitenlänge und kennzeichne sie als Bruchlinie. Am oberen Ende dieser Linie zeichnest Du eine waagrechte Linie im rechten Winkel (in meinem Fall nach rechts), die Taillenlinie. Die Länge dieser Linie entspricht einem Viertel des Taillenumfangs zuzüglich 2–4 cm für die Bequemlichkeitszugabe.

Weswegen verwenden wir 1/4 Taillenumfang?
Stelle dir vor, wir zeichnen das Vorderteil der Hose. Dieses Vorderteil reicht von der linken Seitennaht bis zur rechten Seitennaht. Die gesamte Breite des Vorderteils entspricht dabei der Hälfte des Taillenumfangs (1/2 TU), denn die zweite Hälfte befindet sich später am Rückteil.
Da wir das Vorderteil im Bruch zeichnen, konstruieren wir nur die Hälfte des Vorderteils – also nur eine Seite von der vorderen Mitte bis zur Seitennaht. Beim Zuschneiden wird der Stoff an der Bruchlinie gefaltet, wodurch die zweite Seite automatisch gespiegelt wird.
Das bedeutet
- Das gesamte Vorderteil hat 1/2 TU Breite.
- Da wir im Bruch arbeiten, benötigen wir nur die Hälfte davon, also 1/4 TU.
Eine Erinnerung zur Bequemlichkeitszugabe
Die Bequemlichkeitszugabe sorgt dafür, dass die Hose nicht zu eng sitzt und genügend Bewegungsfreiheit bietet. Ohne diese Zugabe würde das Kleidungsstück exakt den Körpermaßen entsprechen und könnte einschränkend wirken – besonders bei einer Babyhose, die viel Bewegungsfreiheit benötigt. Die Zugabe variiert je nach gewünschter Passform: Für eine enganliegende Hose ist sie kleiner, während für eine weite, bequeme Hose mehr Platz eingeplant wird. Bei elastischen Stoffen kann die Bequemlichkeitszugabe im Übrigen geringer ausfallen als bei nicht dehnbaren Materialien.
Da die Bequemlichkeitszugabe von deinen persönlichen Vorlieben abhängt, können die endgültigen Maße beim Erstellen von Schnittmustern von Person zu Person unterschiedlich ausfallen.
Wir vervollständigen das Gerüst
Trage Leibhöhe entlang der Bruchlinie von oben nach unten ab und setze an dieser Stelle eine Markierung. Von dort aus zeichnest Du eine waagrechte Linie, die Hüftlinie, mit einer Länge von 1/4 des Hüftumfangs zuzüglich 2 bis 4 cm Bequemlichkeitszugabe. Am Ende der Hüftlinie setzt du eine weitere Markierung und verbindest das äußere Ende der Taillenlinie senkrecht mit der Hüftlinie.

Den Schritt konstruieren
Um Platz für die Schrittkurve zu schaffen, verlängerst du die Hüftlinie von der Markierung aus um 1/4 der eigenen Länge, abzüglich 0,5 bis 1 cm, nach außen. Auf der senkrechten Verbindungslinie zwischen Hüft- und Taillenlinie markierst du die Mitte.
Nun zeichnest du die Schrittnaht:
Beginne an der Taillenlinie, senkrecht auf der Verbindungslinie zur Hüftlinie, und ziehe die Linie bis zur mittleren Markierung. Von dort aus verbindest Du die Linie in einer sanften Kurve mit der Verlängerung der Hüftlinie. Achte darauf, dass die Kurve etwa 1,5 bis 2 cm von der markierten Stelle auf der Hüftlinie entfernt verläuft.

Die Hosenbeine hinzufügen
Zeichne am unteren Ende der Bruchlinie eine waagrechte Saumlinie. Die Länge der Linie entspricht entweder dem gemessenen Beinumfang am Knöchel zuzüglich der Bequemlichkeitszugabe oder alternativ 2/3 bis 3/4 der Hüftlinie + 1 cm.
Von der Saumlinie aus verbindest Du senkrecht bis zur Hüftlinie und markierst die Mitte auf dieser Linie. Messe nun waagrecht 1 bis 1,5 cm nach außen von der mittleren Markierung und setze eine neue Markierung. Verbinde die Beinnaht von der Schrittnaht aus in einer geschmeidigen Kurve, die an der mittleren Markierung vorbeiführt, bis zur Saumlinie.

Und was genau haben wir jetzt gezeichnet?
Falls Du dich das fragst, habe ich noch eine abschließende Erklärung für Dich. Lege das konstruierte Schnittteil vor Dich und stelle Dir vor, wie Du es entlang der Bruchlinie spiegelst. Du wirst feststellen, dass sich sowohl links als auch rechts eine Schrittnaht befindet.

Das liegt daran, dass die Bruchlinie nicht die vordere Mitte darstellt, sondern die Seitennaht. Auf der einen Seite der Bruchlinie befindet sich die Hälfte der Hosenvorderseite, auf der anderen die Hälfte des Hosenrückteils.
Das Rückteil der Hose muss jedoch noch ein wenig angepasst werden – und genau das werden wir im nächsten Beitrag, dem zweiten Teil zur Konstruktion der Babyhose, tun.
